Nachhaltigkeit im Printbereich

Zwischen den ersten Schulheften auf grauem Umweltpapier zum Schutz des Regenwaldes und hochwertigen Druckerzeugnissen mit Sondereffekten für höchste Kundenansprüche schienen früher Welten zu liegen. Doch die Zeiten negativer Schlagzeilen zur Abholzung der Wälder, hohem Wasser- und Energieverbrauch oder umweltschädlichem Offset-Druck sind längst passé. Von nachhaltigem Design über zertifiziertes Papier und Biodruckfarben bis hin zu CO2-neutralem Versand und Engagement beim Klimaschutz: Die Druck- und Medienbranche hat beim Thema Nachhaltigkeit die Nase vorn.

Ökologisch drucken – was bedeutet das?

Seit mehr als einem Vierteljahrhundert arbeitet die Papierindustrie daran, nachhaltig und umweltbewusst zu wirtschaften. Mithilfe von Recycling, wiederverwendbaren Materialien oder Kreislaufwirtschaft. Nachhaltige Druckdienstleister bieten ihren Kunden innovative und klimaneutrale Lösungen für grüne Druckerzeugnisse aller Art. Individuell gefertigt, nach hohen Umweltstandards und im Einklang mit der Natur – mit höchsten Ansprüchen an Optik, Haptik und Qualität.

  • Papierfasern können bis zu 7x wiederverwendet werden
  • 84 % der grafischen Papiere werden recycelt
  • Nur 2 % der Gesamtkosten eines Druck- und Medienunternehmens entfallen für Strom
  • Rund 80 % der in der europäischen Papierindustrie verwendeten Holzfasern stammen aus nachhaltiger Forstwirtschaft
  • Die nachhaltig bewirtschafteten Wälder Europas wachsen täglich um 1.500 Fußballfelder 
  • Zeitungen werden heute bereits aus 100 % Altpapier hergestellt
  • Wasser wird bei der Papierherstellung zu 80 % wiederverwertet
  • Durch Aufforstung haben sich in Deutschland mehr als 3,74 Milliarden Kubikmeter Holzvorräte aufgebaut
  • Die Kompensation der CO2-Emission von 1.500 vierfarbig gedruckten Broschüren kostet ca. 56 Euro

Recycling und Wiederverwertung

Deutschland verfügt über einen vorbildlichen Altpapierkreislauf. Sämtliche Materialien wie Pappe, Farben, Lacke oder Klebstoffe, werden getrennt, um den Recyclingprozess nicht zu behindern. Doch ein Recycling-Problem bleibt, die Verwendung von Altpapier und Abfalltrennung allein reichen hier nicht aus: Denn selbst wenn man Ökopapier verwendet, bleiben Chemikalien, Schwermetalle und Bindemittel beim sogenannte Deinken (=Entfernen von Farbe aus Altpapier) übrig, die nicht wiederverwendet oder umweltgerecht entsorgt werden können. Die Lösung: Kreislaufwirtschaft.

Cradle to Cradle

Unter „Cradle to Cradle (C2C) versteht man die Definition und Entwicklung kreislauffähiger Produkte, die eine unabhängige Produktzertifizierung für nachhaltige Kreislaufwirtschaft des Cradle to Cradle Products Innovation Institute (San Francisco, USA) erhalten. Demnach sollen Produkte nach ihrer Nutzung nicht auf dem Müll landen, sondern wieder zu einem neuen Produkt verarbeitet werden. Der „Abfall“ des einen ist die Grundlage eines neuen Produkts. Das gilt für Kleidung, Reinigungsmittel, Trinkflaschen oder eben Printerzeugnisse wie schadstofffreie Kinderbücher. Die Vision: umweltfreundliche Produkte ohne negativen Fußabdruck zu fördern und einen Wandel in der Wirtschafts- und Denkweise zu erreichen.

Papiere mit Nachhaltigkeitsgarantie

Holz ist eine der wichtigsten Ressourcen der Papier- und Druckindustrie, die in Deutschland bereits seit Jahrzehnten erfolgreich erhalten, nachgepflanzt, wiederverwendet und recycelt wird. Zudem kommen die „Frischfasern“ für die Papierherstellung in Deutschland überwiegend aus Sägewerksabfällen und sogenanntem Durchforstungsholz. Dieses fällt beim Auslichten eines Waldes durch das Entfernen schwächerer Bäume an. Doch auch wenn es den europäischen Wäldern noch gut geht: In anderen Teilen der Welt ist Holz als Rohstoff für die Papierherstellung nicht in dem Maße verfügbar oder zu teuer. Inzwischen haben sich daher einige innovative, günstige und nachhaltige Alternativen etabliert:

  • Apfelpapier (Cartamela): Recyclingpapier aus den Pressrückständen der Apfelsaftproduktion (Trester) > EU-weit über 400.000 Tonnen Fruchtabfälle pro Jahr
  • Crush-Papiere: italienisches Naturpapier mit 40 % Recycling-Anteil und 15 % alternativen Rohstoffen, wie Nebenprodukte aus der Lebensmittelverarbeitung bei Nüssen und Früchten (Trauben, Oliven)
  • Papier aus Elefantendung: ökologische Form der Papiergewinnung zum Schutz von Bäumen und elefanten
  • Faserpapier aus Hanf, Bananenstauden etc.
  • Faserpapier aus Restabfällen (z. B. Randgras, regionales Straßengras)
  • Graspapier: Gras als innovativer Rohstoff für Kartonagen und Papier
  • Mineralpapier mit Schiefer- oder Quarzanteil
  • Silphiepapier: Papier auf Basis der Ackerpflanze „Durchwachsene Siphie“
  • Samenpapier: eingearbeitete Samen zum Einpflanzen nach Gebrauch > kein vollflächiger Druck möglich!
  • Papier aus Zuckerrohr-Resten: ungebleichtes Zellstoffpapier aus den verbliebenen Pflanzenfasern nach dem Pressen des Zuckerrohrs

Unabhängig von Auswahl und Verwendung des Papiers gilt grundsätzlich: Weniger ist mehr. So lassen sich u. a. die Anzahl von Probedrucken reduzieren oder Kundenaufträge nach Absprache im kostengünstigen und nachhaltigen Sammeldruckverfahren drucken. Das reduziert den Papierverbrauch, schont Umwelt und Budget.

Farben, Folien und Lacke

Sie verwenden bereits zertifiziertes Frischfaserpapier für Ihren Geschäftsbericht oder nachhaltiges Naturpapier für Kundenmagazine? Ein wichtiger Schritt in Richtung Nachhaltigkeit im Print Bereich. Aber was ist mit dem Druck selbst? Ökofarben und Lacke Konventionelle Standardfarben, Toner und Lacke lassen sich später im Recyclingprozess nur schwer entfernen (deinken), belasten die Umwelt und unsere Gesundheit. Viele Druckereien setzen daher bereits auf vegane Biodruckfarben. Frei von Mineralöl, Gefahrstoffen und produziert auf Pflanzenölbasis oder mit nachwachsenden Rohstoffen. Druckfarbenspezialisten wie die deutsche Hubergroup stellen kobaltfreie, mineralölfreie & alkoholfreie Farben her. Manche Player im Print Bereich testen Farben, Toner, Lacke, Folien und Klebstoffe in eigenen Prüflaboren auf ihre Deinkbarkeit=Entfernbarkeit im Recyclingprozess und schädliche Inhaltsstoffe.

Druckprozess, Druckveredelung und Aufkleber

„Ökofarben“ bedeutet allerdings nicht, dass Sie oder Ihre Kunden auf Sonderfarben oder bestimmte Veredelungen (Heiß-/Kaltfolie, Effektfarben) verzichten müssen. Fast alle Veredelungsarten sind heute umweltfreundlich und vegan realisierbar. Sogar die Druckplattenproduktion, die Belichtung, Befeuchtung der verwendeten Druckplatten und die technisch Anlagenreinigung sind ohne Chemie und Wasser möglich. Der Druck selbst erfolgt ohne Lösungsmittel und UV-Technik. Und mithilfe einer innovativen und speziell entwickelten Folie mit Saugnapfstruktur kann das Unternehmen Yupo Tako bei der Herstellung veganer und recyclebarer Aufkleber komplett auf PVC verzichten.

Zertifizierung und Transparenz

Mit der Zertifizierung für bestimmte Umwelt-Siegel bekennen sich Unternehmen im Print Bereich zu einer nachhaltigen und ressourcenschonenden Produktion von Druckerzeugnissen. Die Verwendung solcher Nachhaltigkeits-Zeichen sowie die Teilnahme an strengen Audits oder Zertifzierungsprozessen fördern die Transparenz und Sicherheit gegenüber Partnern, Kunden und Endverbrauchern.

Blauer Engel

Das bekannteste Gütesiegel seiner Art in Deutschland ist das Umweltsiegel Blauer Engel der Bundesregierung. Seit 1978 zeigt das Umweltlabel Kunden und Verbrauchern, dass die so gekennzeichneten Produkte aus Altpapier bzw. umweltfreundlich sowie ökologisch hergestellt wurden und die verwendeten Papiere und Farben vollständig recycelbar sind.

FSC-Zertifizierung

Inzwischen ebenfalls bekannt ist die FSC-Zertifizierung für verantwortungsvolle Waldwirtschaft und ökologisch sinnvolle Holznutzung. Mit diesem Zertifikat lassen sich sowohl Wälder (FSC-zertifiziertes Holz) als auch ganze Produktionsketten zertifizieren.

EMAS

Seit 2001 können sich Dienstleister, Firmen, Verwaltungen oder andere Organisationen für EMAS registrieren (Eco-Management and Audit Scheme). Die Kurzbezeichnung steht für das von der Europäischen Union entwickelte „Gemeinschaftssystem für Umweltmanagement und Umweltbetriebsprüfung“ zur Verbesserung der nachhaltigen Entwicklung eines Unternehmens in puncto Umweltschutz oder Verbesserung der Öko-Effizienz.

Zu den wichtigen Akteuren, wenn es um Klimaschutz oder die Reduktion der firmeneigenen CO2-Emissionen geht, zählen:

  • Nature-Office – Klimaschutzagentur zur Realisierung von Klimaschutzlösungen mit eigenen Klimaschutzprojekten
  • Klima-Kollekte – CO2-Kompensationsfonds christlicher Kirchen zur Kompensation von Treibhausgasen

Ihre Ansprechpartner

Hubertus Scholtz
Barbara Kollmannsberger
Christoph Pschorn

Ganzheitliche Nachhaltigkeitskonzepte

Nachhaltiges Drucken beginnt bei der Auswahl zertifizierter nachwachsender oder recycelbarer Rohstoffe zur Papierherstellung und der Verwendung umweltfreundlicher Farben. Für eine klimafreundliche Erstellung von Printprodukten reicht das aber noch nicht aus. Viele nachhaltige Druckereien denken bereits ganzheitlich und stellen nach und nach all ihre Unternehmensbereiche auf Klimaneutralität um.

Grüne Logistik und Versand

Elektromobilität und Erdgasfahrzeugen gehört die Zukunft, viele Logistik-Dienstleister haben ihren Fahrzeugflotte bereits entsprechend umgestellt: So bietet DHL mit GoGreen einen CO2-neutralen Versand mit Hybrid- & Elektrofahrzeugen, Rest-Emissionen werden durch Klimaschutzprojekte ausgeglichen. Bei UPS carbon neutral erfolgt der Versand für ein umweltfreundliches Packaging zudem in Recyclingkartons. Die Zusammenarbeit mit lokalen Zulieferern und eine innerhäusliche Fertigung verkürzen Transportwege und verringern den CO2-Fußabdruck spürbar. Einige Druckereien verfügen bereits über emissionsarme eigene Fuhrparks mit Elektro-, Hybrid- oder Erdgasfahrzeugen für ihre Vertriebsmitarbeiter. Andere Unternehmen finanzieren ÖPNV-Tickets und fördern Modelle wie Job-Fahrräder oder Car Sharing.

Nachhaltige Gebäudetechnik

Gerade in der Fertigung und bei produzierenden Unternehmen bieten sich aus dem Herstellungsprozess heraus innovative Möglichkeiten, Strom zu sparen oder erneuerbare Energien zu nutzen: Einige Druckereien nutzen bereits die Abwärme aus dem Druckprozess, um damit selbst Strom zu produzieren. Andere verwenden die Maschinenwärme (Wärmerückgewinnung aus dem Kühlkreislauf von Druckmaschinen) bedarfsgerecht zur ganzjährigen Gebäude-Klimatisierung bzw. -beheizung. Der Stromverbrauch wird durch Ökostrom aus Wasserkraft bzw. erneuerbaren Energien gedeckt. Firmen- und Produktionsgebäude werden nach aktuellen Standards energetisch saniert, bereiten Regenwasser auf oder verfügen wie Deutschlands erste Nullemissionsdruckerei über ein Plusenergie-Gebäude.

Soziale Verantwortung

Zu einem nachhaltigen Unternehmenskonzept gehört nicht nur der Schutz der Umwelt und Ressourcen, sondern auch das sozialpolitische Wirtschaften. Diese Art der Produktion und Zusammenarbeit basiert auf tarifvertraglichen Regelungen mit Mindestlohn und einem Mitspracherecht der Mitarbeiter, dem Verzicht auf Zeit- und Leiharbeiter, Gleichberechtigung am Arbeitsplatz und einem fairen Arbeitsklima.

Nachhaltigkeits-Netzwerk und Kooperationen

Innovatives und nachhaltiges Engagement für Klimaschutz, Umweltschutz und Tierschutz ist allein nur in begrenztem Rahmen möglich. Deshalb arbeiten viele Firmen im Print-Bereich mit entsprechenden Foren, Verbänden oder Zentren zusammen, die in diesen Bereichen Vorreiter sind und grünen Netzwerken eine Plattform bieten. Hierzu zählen beispielsweise der Bundesdeutsche Arbeitskreis für Umweltbewusstes Management e.V. (B.A.U.M.) oder das Zentrum für nachhaltige Entwicklung (ZNU).

Fazit

Selbstverständlich gehört für nachhaltige Print Unternehmen die Unterstützung sinnstiftender Klimaprojekten zum Portfolio, wie z. B. das Pflanzen eines Baums für jeden Druckauftrag im eigenen Firmenwald. Denn der nachhaltige Schutz der Umwelt und unseres Planeten funktioniert nur, wenn alle an einem Strang ziehen und über ihre Unternehmensgrenzen hinweg Verantwortung übernehmen.